ein Buch, das die WT-Gesellschaft 1979 veröffentlicht hat und das leider nicht mehr publiziert wird.
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1 Meine Brüder, ihr habt doch nicht etwa den Glauben unseres Herrn Jesus Christus, unserer Herrlichkeit, und handelt dabei mit Taten der Parteilichkeit?
1MeineBrüder
Obwohl Jakobus seinen Lesern eine strenge Zurechtweisung wegen eines sehr unchristlichen Verhaltens erteilte, redete er sie mit „Brüder“ an und zeigte damit, daß er nicht annahm, sie seien von der Wahrheit abgefallen; sie waren immer noch ein Teil der Versammlung Gottes. Doch Jakobus erklärte weiter, wie nutzlos eine Religion ist, die sich nur in Worten äußert, aber nicht durch ein richtiges Benehmen und durch wahre, unparteiische Liebe.
ihrhabtdochnichtetwadenGlauben
Der Glaube an Jesus Christus ist das grundlegende Erfordernis des Christentums. Die Leser des Jakobusbriefes hielten sich aber nicht eng an die Lehren und den Geist Christi, denn durch ihre Parteilichkeit verstießen sie gegen den Grundsatz der Einheit und der Liebe.
unseresHerrnJesusChristus,unsererHerrlichkeit
Der griechische Ausdruck für „unsere Herrlichkeit“ wird als Apposition zu Jesus Christus verstanden und ist somit eine Gleichsetzung. In Christus sollten sich die christlichen Brüder rühmen. Er wurde „aufgenommen in Herrlichkeit“ (1. Tim. 3:16). Er kommt „mit Macht und großer Herrlichkeit“ und setzt sich auf „seinen Thron der Herrlichkeit“ (Matth. 24:30; 25:31).
Mit dieser Bezugnahme auf den Glauben an ihren Herrn der Herrlichkeit wollte Jakobus seinem Rat Nachdruck verleihen, daß die Brüder reichen oder gutgekleideten Personen, die ihre Zusammenkünfte besuchten, keine besondere Herrlichkeit oder Ehre erweisen und sie somit vor den Armen unter den Anwesenden nicht bevorzugen sollten. Das würde ihrer Wertschätzung für Jesus Christus Abbruch tun. Was wirklich zählte, war nicht materieller Reichtum, sondern der Glaube an den Herrn der Herrlichkeit.
undhandeltdabeimitTatenderParteilichkeit?
Eine Person vor einer anderen zu bevorzugen, und zwar besonders, weil die eine reich, prominent oder mächtig ist und die andere arm und von niedriger Herkunft, steht in krassem Gegensatz zum Christentum. Es ist eine Beleidigung Jesu Christi, der, als er auf der Erde lebte, so wie die meisten seiner Jünger in materieller Hinsicht arm war (2. Kor. 8:9; 6:10). Und doch sollten sie sich in Jesus rühmen. Vergleiche damit die Bestimmung aus dem mosaischen Gesetz, die verlangte, daß niemand bevorzugt werden sollte, weder weil er reich noch weil er arm war (3. Mose 19:15).
2 Denn wenn ein Mann mit goldenen Ringen an den Fingern und in prächtiger Kleidung in eine Versammlung von euch eintritt, ein Armer aber in unsauberer Kleidung ebenfalls eintritt,
Es könnte sein, daß Besucher, Ungläubige, eine Versammlungsstätte von Christen betreten, wie Paulus dies in 1. Korinther 14:23, 24 erwähnt. Der Mann, den Jakobus beschreibt, war wohlhabend und trug kostbare und schöne, wahrscheinlich auffällige Kleidung; er war zweifellos ein prominenter Mann am Ort.
einArmeraberinunsaubererKleidungebenfallseintritt
Der Arme ist ebenfalls ein Besucher. Wollte er ein getauftes Glied der Versammlung werden, würde aber weiterhin die Zusammenkünfte in schmutziger, schäbiger Kleidung besuchen, dann würden ihm die Glieder der Versammlung helfen, die Notwendigkeit zu erkennen, sich sauber und ordentlich zu kleiden. Wenn nötig, würden sie ihn unterstützen, damit er sich etwas Passenderes anziehen könnte (vgl. 1. Tim. 2:9, 10; Röm. 12:13). Doch dieser Mann war ein Ungläubiger, und er sollte genauso herzlich willkommen geheißen und gebeten werden, der „guten Botschaft“ zuzuhören, wie der Reiche. Natürlich sollte man den Grundsatz der Unparteilichkeit sowohl auf Gläubige als auch auf Ungläubige anwenden.
3 ihr aber begünstigend auf den schaut, der die prächtige Kleidung trägt, und sagt: „Setze du dich hierher auf einen vortrefflichen Platz“ und ihr zu dem Armen sagt: „Bleib du stehen“ oder: „Nimm jenen Platz dort unten an meinem Fußschemel ein“,
Oder: „Nimm doch bitte hier Platz“, vielleicht auf einem der besten oder begehrtesten Sitze. Jakobus verurteilte nicht die Höflichkeit als solche, sondern die Tatsache, daß dem Betreffenden nur deswegen besondere Aufmerksamkeit oder Ehrerbietung erwiesen wurde, weil er ein Mann von Rang oder ein Reicher zu sein schien.
Er wurde kühl willkommen geheißen. Man sagte ihm gewissermaßen: „Stell dich dort drüben hin, oder setze dich neben meinem Fußschemel auf den Fußboden.“ (Im Orient war es üblich, mit überkreuzten Beinen auf dem Fußboden zu sitzen; prominentere Personen hatten oft Stühle, Bänke usw.) Man hielt den Armen nicht für würdig, besondere Aufmerksamkeit zu erhalten, wie sie dem Reichen gewährt wurde. Einige glauben, eine verantwortliche Person in der Versammlung, ein Ältester oder ein „Diakon“, spreche hier zu dem Reichen und zu dem Armen, besonders da auf einen Fußschemel Bezug genommen wird. Natürlich haben wir heute kein direktes Zeugnis darüber, wie die christlichen Versammlungsstätten im ersten Jahrhundert aussahen. Die Tatsache jedoch, daß Jakobus diesen Abschnitt mit dem Ausdruck „meine Brüder“ beginnt und durchweg in der Mehrzahl spricht, mag darauf hindeuten, daß sich das Beispiel, das er gebrauchte, auf alle Glieder der Versammlung im allgemeinen bezog.
Die Versammlung handelte wie die Pharisäer, die auf das gewöhnliche Volk herabblickten und es als „Volk der Erde“ bezeichneten. Über diejenigen, die Jesus zuhörten, sagten die Pharisäer: „Es glaubt doch niemand von den Vorstehern oder den Pharisäern an ihn? Diese Volksmenge aber, die das ,Gesetz‘ nicht kennt, verfluchte Leute sind sie“ (Joh. 7:48, 49).
4 habt ihr da nicht etwa Klassenunterschiede unter euch selbst, und seid ihr nicht Richter geworden, die böse Entscheidungen fällen?
Durch ihre Handlungsweise machte die Versammlung Unterschiede im Leibe Christi, seiner Versammlung, und zwar im Widerspruch zu dem Grundsatz, den der Apostel Paulus äußerte: „Da ist weder Jude noch Grieche, da ist weder Sklave noch Freier, da ist weder Mann noch Weib; denn ihr alle seid e i n e r in Gemeinschaft mit Christus Jesus“ (Gal. 3:28). Ganz gleich, ob der Unterschied im Reichtum, in der Bildung, im Beruf, im sozialen Status, in der Rasse oder in der Sprache besteht — es gibt keinen Grund für Parteilichkeit. Angesichts der Versuchung, den Reichen und Angesehenen zu schmeicheln, fehlte es verschiedenen Gliedern der Versammlung an Entschlossenheit; sie zweifelten (wie in Jakobus 1:6 erwähnt) und handelten nicht aus wahrem Glauben. Sie wichen von dem Glauben „unseres Herrn Jesus Christus, unserer Herrlichkeit“, ab, der, obwohl er reich war, sich selbst entäußerte und ‘arm wurde, damit wir durch seine Armut reich würden’ (Phil. 2:7; 2. Kor. 8:9). Ihr Glaube an Jesus Christus hätte sie veranlassen sollen, anders zu handeln (Eph. 4:20, 21). Mit ihrem Glauben stimmte etwas nicht, da sie dachten, das Leben des einen Mannes sei in den Augen Gottes und Christi, der für alle starb, von größerem Wert als das des anderen (1. Sam. 16:7; 2. Kor. 5:14; Röm. 5:6). Sie waren in ihrer Ergebenheit geteilt, wie es bei jemandem der Fall ist, der sowohl Gott als auch den Mammon oder Reichtum liebt (Matth. 6:24).
Sie maßten sich an, Menschen zu richten, indem sie deren individuellen, persönlichen Wert und sogar den relativen Wert, den sie von Gottes Standpunkt aus hatten, beurteilten. Außerdem taten sie dies nicht aus moralischen Gründen, sondern aus dem unlauteren Beweggrund, Menschen aufgrund ihrer Erscheinung oder ihrer Stellung zu ehren. Dadurch verschlimmerten sie das Unrecht, denn sie richteten nach falschen Maßstäben. Nach ihrer Entscheidung verdiente ein Reicher eher, die „gute Botschaft“ zu hören, als ein Armer. Das stand im Widerspruch zu der Unparteilichkeit Gottes und Christi (Apg. 10:34). Solche Entscheidungen waren nicht einfach verkehrt, sondern buchstäblich „böse“ (der entsprechende griechische Ausdruck bedeutet oft schädlich, feindlich, schlecht gesinnt, boshaft; vergleiche 2. Thessalonicher 3:2; Apostelgeschichte 17:5; Matthäus 5:39; 18:32; 20:15; 1. Timotheus 6:4). Sie mißachteten Christus Jesus, ihren Herrn der Herrlichkeit, der bestimmt niemanden wegen seiner äußeren Erscheinung bevorzugte, und trübten die Herrlichkeit die er ihnen als seiner Versammlung verliehen hatte.
5 Hört zu, meine geliebten Brüder! Hat Gott etwa nicht diejenigen, die hinsichtlich der Welt arm sind, dazu auserwählt, reich zu sein im Glauben und Erben des Königreiches, das er denen verheißen hat, die ihn lieben?
5Hörtzu,meinegeliebtenBrüder!
Jakobus gab seinen Rat aus Liebe. Er erkannte an, daß die Brüder viele gute Eigenschaften hatten und sowohl Christus als auch ihre Mitchristen liebten; dennoch waren sie unvollkommen und waren einer schlechten Handlungsweise verfallen. Er hoffte und vertraute darauf, daß sie sich durch seine Zurechtweisung ändern würden.
Gott nimmt den Reichen natürlich genauso bereitwillig an wie den Armen; er bevorzugt niemanden. Aufgrund der Umstände war es aber wahrscheinlich, daß der Arme oder Unbegüterte eher auf die „gute Botschaft“ hörte. Materieller Reichtum ist oft ein Hindernis für den Glauben an Gott (Matth. 19:23, 24). Manche Personen haben ihren Reichtum auf selbstsüchtige Weise und auf Kosten anderer erworben. Viele haben Reichtum oder Ansehen erlangt, weil sie Höherstehenden geschmeichelt haben, oder sie haben ihre Stellung durch Intrigen erlangt, indem sie über andere, die sie als ihre Rivalen betrachteten, nachteilig redeten. Gott auserwählt solche Personen wegen ihrer Selbstsucht nicht. Sie und einige andere, die ihren Reichtum auf ehrliche, ehrenwerte Weise erworben haben, ‘haben bereits ihren vollen Trost’ (Luk. 6:24). Zwar sind weder großer Reichtum noch Armut wünschenswert, doch reagieren die Armen oder das „gewöhnliche“ Volk im allgemeinen positiver auf den Trost, den die „gute Botschaft“ mit sich bringt (Spr. 30:8, 9; 1. Kor. 1:26-29). Gott zieht solche Personen zu Christus (Joh. 6:44, 45; Apg. 16:14; 13:48). Jakobus wollte somit nicht die Armut an sich als etwas Lobenswertes darstellen oder verherrlichen, sondern er bezog sich lediglich auf Tatsachen, auf Dinge, die der Wirklichkeit entsprachen.
Die Armen haben auch häufig ein Auge für die Ungerechtigkeiten der Welt und die Nutzlosigkeit des gegenwärtigen Systems der Dinge. (Vergleiche Hesekiel 9:4.) Sie erkennen, daß etwas Besseres kommen muß, und sind sich im allgemeinen eher „ihrer geistigen Bedürfnisse bewußt“ (Matth. 5:3, 4). Natürlich sind nicht alle Auserwählten arm. Jakobus erklärt den Brüdern lediglich, daß ein armer Besucher wahrscheinlich eher gläubig werde als ein reicher und daß es daher paradox sei, den reichen und angesehenen Besucher zu bevorzugen.
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Ungeachtet ihrer materiellen Besitztümer sind sie aufgrund ihres Glaubens reich. Gott hat sie auserwählt, durch ihren Glauben reich zu sein. Der Glaube an sich ist ein wahrer Schatz, und nicht viele besitzen ihn (2. Thess. 3:2). Er führt auch zu anderen Reichtümern. Der Apostel Paulus, der viele Leiden auf sich nahm, um anderen dienen zu können, bezeichnete sich und seine Mitarbeiter „als Arme, die aber viele reich machen, als solche, die nichts haben und doch alles besitzen“ (2. Kor. 6:10; vergleiche 1. Korinther 4:8-13; Offenbarung 2:9). Die Personen, denen sie Zeugnis gaben, erlangten diesen geistigen Reichtum aufgrund ihres Glaubens. Sie sind nicht wie der reiche Mann, der sich an seinen Besitztümern ergötzte, aber nicht reich war Gott gegenüber, da es ihm an Glauben fehlte (Luk. 12:16-21). Wer keinen Glauben hat, ist in Gottes Augen arm. (Vergleiche Offenbarung 3:17, 18.) Welchen Reichtum bringt der Glaube denen, die Gott ‘auserwählt’? Sie erwerben nicht nur den Reichtum der Barmherzigkeit, der Güte, der Nachsicht und der Langmut Gottes und genießen nicht nur die Weisheit, die das „Wort des Christus“ den Glaubenden vermittelt, sondern haben auch die großartige Aussicht, Miterben des Sohnes Gottes zu sein. (Vergleiche Römer 2:4; Epheser 1:7, 18; Kolosser 3:16.)
Diejenigen, die auf diese Weise ‘reich im Glauben’ sind, sind daher Erben des Königreiches. Diese geistgezeugten Personen, die einen solchen Glauben ausüben, werden jetzt „in das Königreich des Sohnes seiner Liebe versetzt“ und haben die Hoffnung, schließlich durch eine Auferstehung von den Toten mit Christus an seiner himmlischen Herrschaft teilzuhaben (Kol. 1:13; 1. Petr. 1:3, 4). Jesus sagte zu seinen gläubigen Jüngern: „Glücklich seid ihr Armen, denn euer ist das Königreich Gottes“ (Luk. 6:20).
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Sie lieben Gott nicht von sich aus, sondern erwidern Gottes Liebe, nachdem sie erfahren haben, wie sehr Gott die Menschheit liebt (1. Joh. 4:10). Sie lernen Gott immer besser kennen, werden seine Vertrauten und entwickeln — als eine Frucht des Geistes — immer mehr Liebe zu Gott (Gal. 5:22). Solche Personen werden das Königreich Gottes ererben.
6 Ihr aber habt den Armen entehrt. Bedrücken euch etwa nicht die Reichen, und schleppen nicht sie euch vor Gerichtshöfe?
6IhraberhabtdenArmenentehrt
Dadurch, daß sie die Reichen bevorzugten, behandelten sie die Armen ohne gebührenden Respekt, verächtlich, und beleidigten sie diejenigen, die Gott erhöht (Jak. 1:9). Wie viele in der Versammlung kamen aus der Klasse der Begüterten? Wahrscheinlich nur wenige (1. Kor. 1:26-29). Wo wäre daher der größte Teil jener Versammlung, wenn Gott sie verachtet hätte, nur weil sie arme oder „gewöhnliche“ Menschen waren? (Vergleiche 1. Korinther 11:22.)
Die Reichen verfolgten die Armen nicht nur aus religiösen Gründen, sondern bedrängten sie auch oft in Verbindung mit ihrem Lohn, ihren Schulden und ihrer Pacht und gingen in diesen Angelegenheiten gerichtlich gegen sie vor. (Vergleiche Jakobus 5:4.) Auch wurden die Verfolger oft von Reichen angeführt. Es waren die wohlhabenden Sadduzäer, die „Hand an“ Petrus und Johannes und später an alle Apostel „legten“ (Apg. 4:1-3; 5:17, 18). Es waren die „angesehenen Frauen“ und die „prominenten Männer der Stadt“ in Antiochia in Pisidien, die von den Juden gegen Paulus und Barnabas aufgehetzt wurden (Apg. 13:50). In Philippi sorgten die wohlhabenden Herren eines von Dämonen besessenen Mädchens dafür, daß Paulus und Silas ins Gefängnis geworfen wurden (Apg. 16:16, 19, 23, 24). Die Kunsthandwerker, die Silberschreine der Artemis herstellten, verursachten in Ephesus einen großen Aufruhr gegen die Lehre der „guten Botschaft“, weil sie um ihren Gewinn fürchteten (Apg. 19:23-28).
Gewiß handelten nicht alle Reichen so, aber Jakobus erwähnte Tatsachen, die einer allgemeinen Regel entsprachen. Natürlich waren auch nicht alle Armen gut. Sie waren es, die sich gewöhnlich von ihren Führern aufhetzen ließen. (Vergleiche Apostelgeschichte 17:5.) Einige waren arm, weil sie einfach faul waren oder keine Selbstdisziplin hatten (Spr. 6:9-11; 20:13; 23:21). Doch Christen handelten töricht, wenn sie Parteilichkeit bekundeten, indem sie ausgerechnet denen schmeichelten, die im allgemeinen, als Gruppe gesehen, ihre Gegner und Bedrücker waren.
7 Lästern nicht sie den vortrefflichen Namen, nach dem ihr genannt worden seid?
Das Wort „Lästerung“ bedeutet „nachteiliges Reden“ und bezieht sich besonders auf respektlose Anspielungen auf Gott und heilige Dinge. Durch die Christenverfolgung lästerten die Gegner den Namen, nach dem die Christen genannt worden waren, nämlich den Namen Christi. Und selbst Personen, die sich nicht an offener Verfolgung beteiligten, sprachen Böses über Christus und die Träger seines Namens und lästerten dadurch auch Gott, der Christus gesandt hatte. (Vergleiche Johannes 13:20.)
8 Wenn ihr nun dem königlichen Gesetz nach dem Schriftwort beständig nachkommt: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“, tut ihr sehr wohl.
Dieses Gesetz wird als das „königliche Gesetz“ bezeichnet, weil es unter den Gesetzen, die die menschlichen Beziehungen regeln, den gleichen Rang einnimmt wie ein König unter den Menschen. An dem Gesetz, seinen Nächsten zu lieben wie sich selbst (natürlich auch an dem Gesetz, Gott zu lieben), „hängt das ganze ,Gesetz‘ und die ,Propheten‘ “ (Matth. 22:37-40). Und wie der Apostel Paulus schreibt, ist in dem Gebot der Nächstenliebe „das ganze ,Gesetz‘ . . . erfüllt“ (Gal. 5:14; Röm. 13:10; vergleiche 1. Johannes 4:20). Dieses königliche Gesetz war bereits im mosaischen Gesetz enthalten, und zwar in 3. Mose 19:18.
Jakobus schreibt seinen Lesern: ‘Wenn ihr diesem königlichen Gesetz beständig nachkommt, tut ihr sehr wohl.’ Das erinnert an einen ähnlichen Ausdruck (in Vers 19), den Jakobus in Verbindung mit gewissen Personen gebraucht, die glauben, daß es einen einzigen Gott gibt. Jakobus bringt in seinem ganzen Brief zum Ausdruck, daß er mit dem Denken seiner Brüder vertraut ist, und er legt oft den Standpunkt dar, den seine Leser in bezug auf das behandelte Thema haben oder haben mögen, und diese Einsicht verleiht seinem Brief ungewöhnliche Kraft. (Vergleiche Jakobus 1:13, 26; 2:14; 3:13; 4:13.) Wir wissen nicht, ob Jakobus erfahren hatte, daß einige Brüder ihre besondere Gastfreundschaft gegenüber den Reichen damit rechtfertigten, daß sie behaupteten, dies sei lediglich ein Zeichen von Nächstenliebe. In diesem Fall hätte ihnen der Brief des Jakobus vor Augen geführt, welch ein Irrtum es ist, zu denken, dadurch, daß man einigen (zum Beispiel dem Reichen) Liebe erweise, könne man sein Versäumnis rechtfertigen, anderen (wie dem Armen) die gleiche Liebe zu erweisen. Solchen Personen hätte Jakobus dann sinngemäß gesagt: „Nächstenliebe ist gut. Doch sollte man sie nur einer bestimmten Gruppe erweisen? Wie ist es mit den anderen? Behandelt ihr sie alle gleich?“ Der Gehorsam gegenüber einem Gebot (zum Beispiel gegenüber dem aus 3. Mose 19:18) rechtfertigt daher niemals Ungehorsam gegenüber einem anderen (wie dem aus 3. Mose 19:15). Diesen Gedanken betont Jakobus in den Versen 10 und 11.
Sollte jemand der Ansicht gewesen sein, die harten Worte des Jakobus über die Reichen stünden im Widerspruch zum Gebot der Nächstenliebe, dann wäre dies durch die Bemerkungen hier widerlegt worden. Natürlich sollten Christen auch gegenüber Reichen Nächstenliebe üben, und es war gut, sie mit Liebe zu behandeln. Doch dieses Gebot schloß auch die Armen ein, und Christen hätten dem königlichen Gesetz der Liebe nicht völlig gehorcht, wenn sie die Armen ausgeschlossen hätten. Als Jesus über das gleiche königliche Gesetz sprach, erklärte er, daß viele Personen es nur in begrenztem Maße, teilweise, anwandten, nicht in seinem vollen Umfang. Er sagte seinen Zuhörern, daß sie das Gesetz der Liebe unparteiisch anwenden müßten, wenn sie wie ihr himmlischer Vater vollkommen oder vollständig sein wollten (Matth. 5:43-48). IndemAusmaß also, wie die Versammlung das königliche Gesetz anwandte, konnte von ihr lobend gesagt werden, sie tue „sehr wohl“. Es war gut, jedermann jederzeit Liebe und Güte zu erweisen. Doch die gleiche Höflichkeit und Liebe, die den Reichen erwiesen wurde, sollte auch den Armen erwiesen werden. Beide waren Nächste, und beide sollten gleich behandelt werden; keiner sollte schlecht behandelt werden.
9 Wenn ihr aber fortfahrt, Parteilichkeit zu bekunden, so begeht ihr Sünde, denn ihr werdet vom Gesetz als Übertreter überführt.
Die Brüder mußten noch einen Schritt weiter gehen, um mit dem mosaischen Gesetz in Übereinstimmung zu sein, denn es verbot Ungerechtigkeit und Parteilichkeit gegenüber Reichen und Armen (3. Mose 19:15). Wenn also ein Christ einem Reichen Freundlichkeit und Aufmerksamkeit erweist, ‘tut er wohl’, vorausgesetzt, daß er die gleiche Freundlichkeit auch dem Armen erweist. Ist er aber parteiisch, so sündigt er. Gemäß dem königlichen Gesetz sollte er alle seine Mitmenschen lieben. Wenn er dieses Gesetz übertritt, indem er Parteilichkeit bekundet, ist er ein Sünder. Er „verfehlt das Ziel“ (was die Bedeutung des griechischen Ausdrucks für Sünde ist), in dieser Hinsicht wie sein himmlischer Vater zu sein.
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Da Gott selbst Unparteilichkeit im Erweisen von Liebe verlangt, wird jemand, der eine bestimmte Person bevorzugt behandelt, gleichzeitig aber behauptet, nach dem königlichen Gesetz zu leben, gründlich bloßgestellt werden. Er ist ein Übertreter des königlichen Gesetzes. Auch heute müssen Christen wahres Christentum praktizieren und sich angesichts der in der Welt bestehenden Klassenunterschiede, die auf sozialen, kulturellen, rassischen und religiösen Unterschieden beruhen, davor hüten, selbst parteiisch zu sein und Klassenunterschiede zu machen.
10 Denn wer auch immer das ganze ,Gesetz‘ hält, aber in einem einzigen Punkt einen Fehltritt tut, der hat sich gegen alle vergangen.
In Wirklichkeit konnte niemand alle Gebote des mosaischen Gesetzes halten, ohne einen Fehler zu machen, und genausowenig konnte jemand bis auf einen einzigen Punkt alle der etwa 600 Punkte des Gesetzes beachten (Jak. 3:2). Jakobus weist jedoch diejenigen zurecht, die behaupten, praktisch das ganze Gesetz zu halten und daher gerecht zu sein. Menschen neigen dazu, sich die Schriftstellen auszusuchen, nach denen sie handeln möchten, die Bedeutung anderer aber herabzusetzen.
derhatsichgegenallevergangen
Das aus vielen Verordnungen bestehende Gesetz ist ein einheitliches Ganzes, und man kann nicht einfach einzelne Teile herausnehmen (Kol. 2:13, 14, 16; Gal. 5:14). Folglich verstößt jemand, der eines der Gebote des Gesetzes übertritt, gegen das ganze Gesetz und hat sich somit „gegen alle vergangen“. Man kann nicht behaupten, man sei Gott wirklich gehorsam und liebe ihn, und gleichzeitig irgendeinen Teil seines Gesetzes übertreten. Vor weltlichen Gerichten wird ein Fall verhandelt, wenn ein Verstoß gegen ein bestimmtes Gesetz vorliegt. Nehmen wir an, jemand hat Geld veruntreut. Vielleicht hat er immer alle anderen Gesetze gehalten; diese Gesetzesübertretung ist sein erstes Vergehen. Doch seine frühere Handlungsweise entschuldigt ihn vor Gericht nicht dafür, daß er das Gesetz hinsichtlich Veruntreuung übertreten hat. Er wird wegen dieses Vergehens als Übertreter des Gesetzes, als Gesetzesbrecher, behandelt, ganz gleich, wie rechtschaffen er in anderen Angelegenheiten gewesen sein mag (wenn auch sein Urteil vielleicht nicht so hart ausfallen wird wie im Fall eines gewohnheitsmäßigen Gesetzesbrechers). Der Richter sagt nicht: „Er hat tausend andere Gesetze gehalten und nur dieses eine gegen Diebstahl übertreten. Wir werden ihm deshalb diese Übertretung verzeihen.“
In Übereinstimmung mit diesen Tatsachen überführte das mosaische Gesetz alle als Sünder, da niemand dieses Gesetz vollkommen halten konnte. Der Apostel Paulus erklärte: „Das ,Gesetz‘ nun hält sich nicht an den Glauben, sondern ,wer sie tut, wird durch sie leben [durch den Gehorsam gegenüber jedem einzelnen Gebot]‘ “ (Gal. 3:12). Man steht daher nicht durch das versuchte Halten des Gesetzes vor Gott als gerecht da — statt dessen wird man tatsächlich als Übertreter verurteilt, weil man das Gesetz nicht wirklichhält. „Verflucht ist jeder, der nicht bei allen Dingen bleibt, die in der Buchrolle des ,Gesetzes‘ geschrieben sind, um sie zu tun“, heißt es in der Bibel (Gal. 3:10). Nur durch den Glauben an das sündensühnende Opfer Christi ist die Sündenvergebung möglich. Christus war der einzige, der das Gesetz in allen Einzelheiten vollkommen hielt. Er erfüllte das ganze Gesetz und wurde daher benutzt, es aufzuheben (Eph. 2:15). Niemand kann der Verurteilung entgehen, sofern er nicht Glauben an ihn ausübt. Paulus schreibt: „Wir wissen nun, daß alles, was das ,Gesetz‘ sagt, es an die richtet, die unter dem ,Gesetz‘ sind, so daß jeder Mund gestopft und die ganze Welt vor Gott straffällig werde. Daher wird durch Gesetzeswerke kein Fleisch vor ihm gerechtgesprochen werden, denn durch Gesetz kommt die genaue Erkenntnis der Sünde“ (Röm. 3:19, 20).
11 Denn der, der gesagt hat: „Du sollst nicht ehebrechen“, hat auch gesagt: „Du sollst nicht morden.“ Wenn du nun nicht die Ehe brichst, aber mordest, bist du ein Gesetzesübertreter geworden.
Das Gesetz, das die Nächstenliebe gebietet, ist wie die Zehn Gebote ein wesentlicher Bestandteil des mosaischen Gesetzes. Das trifft auch auf alle anderen Gebote zu. Jakobus hat sich jedoch offenbar diese beiden Gebote als Beispiel gewählt, da er an späterer Stelle erklären will, daß die Freundschaft mit der Welt „Ehebruch“ ist und daß eine feindselige, lieblose Einstellung gegenüber einem Bruder „Mord“ ist (Jak. 4:2, 4).
Der eine Gott, der alle unterschiedslos und unparteiisch behandelt, hat das ganze Gesetz gegeben, auch das Gebot der Nächstenliebe (5. Mose 6:4). Das Gesetz war eine Einheit. Wer daher e i n e Bestimmung des mosaischen Gesetzes übertrat, verging sich gegen ein und denselben Geber aller Gesetze. Wer gegen einen Teil des Gesetzes Gottes verstieß, verstieß gegen das gesamte Gesetz, die ganze Gesetzessammlung.
12 Redet weiterhin so, und handelt weiterhin so wie die, die durch das Gesetz eines freien Volkes gerichtet werden sollen.
Das mosaische Gesetz war nicht „das Gesetz eines freien Volkes“ oder, buchstäblich, ein Gesetz der Freiheit (Gal. 4:24-26). Diese Freiheit wird in einem Volk, dem geistigen Israel, verkörpert. Würden die Glieder dieses Volkes nach dem mosaischen Gesetz gerichtet, so würden sie als Gesetzesübertreter verurteilt werden; sie wären dann nicht unschuldig. Daher sollten sie in Anerkennung der Tatsache reden und handeln, daß sie nicht nach dem mosaischen Gesetz gerichtet werden, sondern nach einem anderen Gesetz, dem „Gesetz eines freien Volkes“ oder, buchstäblich, einem „Gesetz der Freiheit“ (KingdomInterlinearTranslation) — als ein Volk, das nicht der Sünde versklavt ist, der Sünde, die durch das mosaische Gesetz in Wirklichkeit noch betont wurde (Röm. 7:8, 10). Die „zwölf Stämme“ des geistigen Israel stehen nicht unter dem mosaischen Gesetz. Sie stehen unter dem „Gesetz“ des neuen Bundes (Jer. 31:31-33). Ihre Worte und ihre Werke werden von Gott gemäß dem neuen Bund beurteilt (1. Petr. 2:16).
Dieses „Gesetz eines freien Volkes“ befreit die geistigen Israeliten nicht von der Pflicht, Gott zu gehorchen, denn er schreibt sein Gesetz in ihr Herz. Aufgrund ihres lebendigen Glaubens an Christus sind sie zuversichtlich, daß sie so gerichtet werden, wie er es verheißen hat. Jehova Gott wird ihnen ihre guten Werke als Beweis für ihren Glauben anrechnen. Sein Sohn Jesus Christus ist der Mittler des neuen Bundes, und auf der Grundlage seines Sühnopfers ist der neue Bund geschlossen worden. Somit kann Gott folgende Worte dieses Bundes verwirklichen: „Ich werde ihre Vergehung vergeben, und ihrer Sünde werde ich nicht mehr gedenken“ (Jer. 31:34). Demzufolge verhalten sich die geistigen Israeliten unter dem „Gesetz der Freiheit“ nicht so, als würde Gott ständig nach ihren Fehlern suchen, sondern sie „wandeln“ mit ihm und wachen eifersüchtig über ihr Bundesverhältnis mit ihm (Ps. 130:3, 4; Micha 6:8).
13 Denn für den, der nicht Barmherzigkeit übt, wird das Gericht ohne Barmherzigkeit sein. Barmherzigkeit frohlockt triumphierend über das Gericht.
Jakobus spricht von einem Gericht und weist auf die Gefahr hin, in die jemand gerät, der Parteilichkeit bekundet (Röm. 2:6, 16; 14:12; Matth. 12:36). Wie konnten seine Leser Barmherzigkeit von Gott erwarten, wenn sie einem Mann nur deswegen ihre Barmherzigkeit vorenthielten, weil er ein „Armer . . . in unsauberer Kleidung“ war? (Jak. 2:2). Wie inkonsequent und im Widerspruch zu aller Vernunft, daß die Christen, denen Jakobus schrieb, selbst einfache Menschen in ihrer Mitte hatten und doch einen Armen diskriminierten! Wie würden sich „arme“ Glieder der Versammlung vorkommen, wenn sie in eine andere Christenversammlung zu Besuch kämen und so beleidigt würden? In Sprüche 21:13 lesen wir: „Wer irgend sein Ohr vor dem Klageschrei des Geringen verstopft, der wird auch selbst rufen und keine Antwort erhalten.“ Jesus sagte: „Mit dem Gericht, mit dem ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden“ (Matth. 7:1, 2). Diesen Gedanken veranschaulichte er sehr kraftvoll in Matthäus 18:23-35.
„Glücklich sind die Barmherzigen, da ihnen Barmherzigkeit erwiesen werden wird“, sagte Jesus (Matth. 5:7). Vor Gericht würde ein Mann, der anderen Barmherzigkeit erwiesen hat, wahrscheinlich nicht von der Strafe für das Vergehen verschont werden, dessen er für schuldig befunden wird, wenn auch die Strafe möglicherweise etwas herabgesetzt würde. Jakobus spricht hier jedoch nicht von Übertretungen unter dem mosaischen Gesetz oder unter einem weltlichen Gesetz. Er spricht von einem Urteil, das gemäß dem „Gesetz der Freiheit“ gefällt wird. Jemand, in dessen Herz und Sinn zufolge seines Glaubens an Christus durch Gottes Geist Barmherzigkeit hervorgebracht worden ist, wird sich bewogen fühlen, in all seinen Handlungen barmherzig zu sein. Folglich wird ihm Barmherzigkeit erwiesen werden, wenn er gerichtet wird. Daher braucht sich der Barmherzige nicht vor dem Gericht zu fürchten, sondern darf zuversichtlich auf Barmherzigkeit hoffen. Er wird nicht verurteilt werden. Auf diese Weise triumphiert er oder erringt er einen Sieg über die strenge Anwendung des Rechts oder über ein ungünstiges Urteil. Ein beachtenswertes Beispiel für barmherzige Anteilnahme und ihre Auswirkung auf das Gericht ist in dem Gleichnis von den Schafen und den Ziegenböcken zu finden, das in Matthäus 25:32-40 aufgezeichnet ist. Denken wir auch an die Barmherzigkeit, die Jehova David erwies, der sich in der Vergangenheit selbst barmherzig verhalten hatte! (2. Sam. 12:13, 14; 22:24-27; Ps. 18:23-26).
Parteilichkeit ist böse
1 Meine Brüder, ihr habt doch nicht etwa den Glauben unseres Herrn Jesus Christus, unserer Herrlichkeit, und handelt dabei mit Taten der Parteilichkeit?
1 Meine Brüder
Obwohl Jakobus seinen Lesern eine strenge Zurechtweisung wegen eines sehr unchristlichen Verhaltens erteilte, redete er sie mit „Brüder“ an und zeigte damit, daß er nicht annahm, sie seien von der Wahrheit abgefallen; sie waren immer noch ein Teil der Versammlung Gottes. Doch Jakobus erklärte weiter, wie nutzlos eine Religion ist, die sich nur in Worten äußert, aber nicht durch ein richtiges Benehmen und durch wahre, unparteiische Liebe.
ihr habt doch nicht etwa den Glauben
Der Glaube an Jesus Christus ist das grundlegende Erfordernis des Christentums. Die Leser des Jakobusbriefes hielten sich aber nicht eng an die Lehren und den Geist Christi, denn durch ihre Parteilichkeit verstießen sie gegen den Grundsatz der Einheit und der Liebe.
unseres Herrn Jesus Christus, unserer Herrlichkeit
Der griechische Ausdruck für „unsere Herrlichkeit“ wird als Apposition zu Jesus Christus verstanden und ist somit eine Gleichsetzung. In Christus sollten sich die christlichen Brüder rühmen. Er wurde „aufgenommen in Herrlichkeit“ (1. Tim. 3:16). Er kommt „mit Macht und großer Herrlichkeit“ und setzt sich auf „seinen Thron der Herrlichkeit“ (Matth. 24:30; 25:31).
Mit dieser Bezugnahme auf den Glauben an ihren Herrn der Herrlichkeit wollte Jakobus seinem Rat Nachdruck verleihen, daß die Brüder reichen oder gutgekleideten Personen, die ihre Zusammenkünfte besuchten, keine besondere Herrlichkeit oder Ehre erweisen und sie somit vor den Armen unter den Anwesenden nicht bevorzugen sollten. Das würde ihrer Wertschätzung für Jesus Christus Abbruch tun. Was wirklich zählte, war nicht materieller Reichtum, sondern der Glaube an den Herrn der Herrlichkeit.
und handelt dabei mit Taten der Parteilichkeit?
Eine Person vor einer anderen zu bevorzugen, und zwar besonders, weil die eine reich, prominent oder mächtig ist und die andere arm und von niedriger Herkunft, steht in krassem Gegensatz zum Christentum. Es ist eine Beleidigung Jesu Christi, der, als er auf der Erde lebte, so wie die meisten seiner Jünger in materieller Hinsicht arm war (2. Kor. 8:9; 6:10). Und doch sollten sie sich in Jesus rühmen. Vergleiche damit die Bestimmung aus dem mosaischen Gesetz, die verlangte, daß niemand bevorzugt werden sollte, weder weil er reich noch weil er arm war (3. Mose 19:15).
2 Denn wenn ein Mann mit goldenen Ringen an den Fingern und in prächtiger Kleidung in eine Versammlung von euch eintritt, ein Armer aber in unsauberer Kleidung ebenfalls eintritt,
2 Denn wenn ein Mann mit goldenen Ringen an den Fingern und in prächtiger Kleidung in eine Versammlung von euch eintritt
Es könnte sein, daß Besucher, Ungläubige, eine Versammlungsstätte von Christen betreten, wie Paulus dies in 1. Korinther 14:23, 24 erwähnt. Der Mann, den Jakobus beschreibt, war wohlhabend und trug kostbare und schöne, wahrscheinlich auffällige Kleidung; er war zweifellos ein prominenter Mann am Ort.
ein Armer aber in unsauberer Kleidung ebenfalls eintritt
Der Arme ist ebenfalls ein Besucher. Wollte er ein getauftes Glied der Versammlung werden, würde aber weiterhin die Zusammenkünfte in schmutziger, schäbiger Kleidung besuchen, dann würden ihm die Glieder der Versammlung helfen, die Notwendigkeit zu erkennen, sich sauber und ordentlich zu kleiden. Wenn nötig, würden sie ihn unterstützen, damit er sich etwas Passenderes anziehen könnte (vgl. 1. Tim. 2:9, 10; Röm. 12:13). Doch dieser Mann war ein Ungläubiger, und er sollte genauso herzlich willkommen geheißen und gebeten werden, der „guten Botschaft“ zuzuhören, wie der Reiche. Natürlich sollte man den Grundsatz der Unparteilichkeit sowohl auf Gläubige als auch auf Ungläubige anwenden.
3 ihr aber begünstigend auf den schaut, der die prächtige Kleidung trägt, und sagt: „Setze du dich hierher auf einen vortrefflichen Platz“ und ihr zu dem Armen sagt: „Bleib du stehen“ oder: „Nimm jenen Platz dort unten an meinem Fußschemel ein“,
3 ihr aber begünstigend auf den schaut, der die prächtige Kleidung trägt, und sagt: „Setze du dich hierher auf einen vortrefflichen Platz“
Oder: „Nimm doch bitte hier Platz“, vielleicht auf einem der besten oder begehrtesten Sitze. Jakobus verurteilte nicht die Höflichkeit als solche, sondern die Tatsache, daß dem Betreffenden nur deswegen besondere Aufmerksamkeit oder Ehrerbietung erwiesen wurde, weil er ein Mann von Rang oder ein Reicher zu sein schien.
und ihr zu dem Armen sagt: „Bleib du stehen“ oder: „Nimm jenen Platz dort unten an meinem Fußschemel ein“
Er wurde kühl willkommen geheißen. Man sagte ihm gewissermaßen: „Stell dich dort drüben hin, oder setze dich neben meinem Fußschemel auf den Fußboden.“ (Im Orient war es üblich, mit überkreuzten Beinen auf dem Fußboden zu sitzen; prominentere Personen hatten oft Stühle, Bänke usw.) Man hielt den Armen nicht für würdig, besondere Aufmerksamkeit zu erhalten, wie sie dem Reichen gewährt wurde. Einige glauben, eine verantwortliche Person in der Versammlung, ein Ältester oder ein „Diakon“, spreche hier zu dem Reichen und zu dem Armen, besonders da auf einen Fußschemel Bezug genommen wird. Natürlich haben wir heute kein direktes Zeugnis darüber, wie die christlichen Versammlungsstätten im ersten Jahrhundert aussahen. Die Tatsache jedoch, daß Jakobus diesen Abschnitt mit dem Ausdruck „meine Brüder“ beginnt und durchweg in der Mehrzahl spricht, mag darauf hindeuten, daß sich das Beispiel, das er gebrauchte, auf alle Glieder der Versammlung im allgemeinen bezog.
Die Versammlung handelte wie die Pharisäer, die auf das gewöhnliche Volk herabblickten und es als „Volk der Erde“ bezeichneten. Über diejenigen, die Jesus zuhörten, sagten die Pharisäer: „Es glaubt doch niemand von den Vorstehern oder den Pharisäern an ihn? Diese Volksmenge aber, die das ,Gesetz‘ nicht kennt, verfluchte Leute sind sie“ (Joh. 7:48, 49).
4 habt ihr da nicht etwa Klassenunterschiede unter euch selbst, und seid ihr nicht Richter geworden, die böse Entscheidungen fällen?
4 habt ihr da nicht etwa Klassenunterschiede unter euch selbst
Durch ihre Handlungsweise machte die Versammlung Unterschiede im Leibe Christi, seiner Versammlung, und zwar im Widerspruch zu dem Grundsatz, den der Apostel Paulus äußerte: „Da ist weder Jude noch Grieche, da ist weder Sklave noch Freier, da ist weder Mann noch Weib; denn ihr alle seid e i n e r in Gemeinschaft mit Christus Jesus“ (Gal. 3:28). Ganz gleich, ob der Unterschied im Reichtum, in der Bildung, im Beruf, im sozialen Status, in der Rasse oder in der Sprache besteht — es gibt keinen Grund für Parteilichkeit. Angesichts der Versuchung, den Reichen und Angesehenen zu schmeicheln, fehlte es verschiedenen Gliedern der Versammlung an Entschlossenheit; sie zweifelten (wie in Jakobus 1:6 erwähnt) und handelten nicht aus wahrem Glauben. Sie wichen von dem Glauben „unseres Herrn Jesus Christus, unserer Herrlichkeit“, ab, der, obwohl er reich war, sich selbst entäußerte und ‘arm wurde, damit wir durch seine Armut reich würden’ (Phil. 2:7; 2. Kor. 8:9). Ihr Glaube an Jesus Christus hätte sie veranlassen sollen, anders zu handeln (Eph. 4:20, 21). Mit ihrem Glauben stimmte etwas nicht, da sie dachten, das Leben des einen Mannes sei in den Augen Gottes und Christi, der für alle starb, von größerem Wert als das des anderen (1. Sam. 16:7; 2. Kor. 5:14; Röm. 5:6). Sie waren in ihrer Ergebenheit geteilt, wie es bei jemandem der Fall ist, der sowohl Gott als auch den Mammon oder Reichtum liebt (Matth. 6:24).
und seid ihr nicht Richter geworden, die böse Entscheidungen fällen?
Sie maßten sich an, Menschen zu richten, indem sie deren individuellen, persönlichen Wert und sogar den relativen Wert, den sie von Gottes Standpunkt aus hatten, beurteilten. Außerdem taten sie dies nicht aus moralischen Gründen, sondern aus dem unlauteren Beweggrund, Menschen aufgrund ihrer Erscheinung oder ihrer Stellung zu ehren. Dadurch verschlimmerten sie das Unrecht, denn sie richteten nach falschen Maßstäben. Nach ihrer Entscheidung verdiente ein Reicher eher, die „gute Botschaft“ zu hören, als ein Armer. Das stand im Widerspruch zu der Unparteilichkeit Gottes und Christi (Apg. 10:34). Solche Entscheidungen waren nicht einfach verkehrt, sondern buchstäblich „böse“ (der entsprechende griechische Ausdruck bedeutet oft schädlich, feindlich, schlecht gesinnt, boshaft; vergleiche 2. Thessalonicher 3:2; Apostelgeschichte 17:5; Matthäus 5:39; 18:32; 20:15; 1. Timotheus 6:4). Sie mißachteten Christus Jesus, ihren Herrn der Herrlichkeit, der bestimmt niemanden wegen seiner äußeren Erscheinung bevorzugte, und trübten die Herrlichkeit die er ihnen als seiner Versammlung verliehen hatte.
5 Hört zu, meine geliebten Brüder! Hat Gott etwa nicht diejenigen, die hinsichtlich der Welt arm sind, dazu auserwählt, reich zu sein im Glauben und Erben des Königreiches, das er denen verheißen hat, die ihn lieben?
5 Hört zu, meine geliebten Brüder!
Jakobus gab seinen Rat aus Liebe. Er erkannte an, daß die Brüder viele gute Eigenschaften hatten und sowohl Christus als auch ihre Mitchristen liebten; dennoch waren sie unvollkommen und waren einer schlechten Handlungsweise verfallen. Er hoffte und vertraute darauf, daß sie sich durch seine Zurechtweisung ändern würden.
Hat Gott etwa nicht diejenigen, die hinsichtlich der Welt arm sind, dazu auserwählt
Gott nimmt den Reichen natürlich genauso bereitwillig an wie den Armen; er bevorzugt niemanden. Aufgrund der Umstände war es aber wahrscheinlich, daß der Arme oder Unbegüterte eher auf die „gute Botschaft“ hörte. Materieller Reichtum ist oft ein Hindernis für den Glauben an Gott (Matth. 19:23, 24). Manche Personen haben ihren Reichtum auf selbstsüchtige Weise und auf Kosten anderer erworben. Viele haben Reichtum oder Ansehen erlangt, weil sie Höherstehenden geschmeichelt haben, oder sie haben ihre Stellung durch Intrigen erlangt, indem sie über andere, die sie als ihre Rivalen betrachteten, nachteilig redeten. Gott auserwählt solche Personen wegen ihrer Selbstsucht nicht. Sie und einige andere, die ihren Reichtum auf ehrliche, ehrenwerte Weise erworben haben, ‘haben bereits ihren vollen Trost’ (Luk. 6:24). Zwar sind weder großer Reichtum noch Armut wünschenswert, doch reagieren die Armen oder das „gewöhnliche“ Volk im allgemeinen positiver auf den Trost, den die „gute Botschaft“ mit sich bringt (Spr. 30:8, 9; 1. Kor. 1:26-29). Gott zieht solche Personen zu Christus (Joh. 6:44, 45; Apg. 16:14; 13:48). Jakobus wollte somit nicht die Armut an sich als etwas Lobenswertes darstellen oder verherrlichen, sondern er bezog sich lediglich auf Tatsachen, auf Dinge, die der Wirklichkeit entsprachen.
Die Armen haben auch häufig ein Auge für die Ungerechtigkeiten der Welt und die Nutzlosigkeit des gegenwärtigen Systems der Dinge. (Vergleiche Hesekiel 9:4.) Sie erkennen, daß etwas Besseres kommen muß, und sind sich im allgemeinen eher „ihrer geistigen Bedürfnisse bewußt“ (Matth. 5:3, 4). Natürlich sind nicht alle Auserwählten arm. Jakobus erklärt den Brüdern lediglich, daß ein armer Besucher wahrscheinlich eher gläubig werde als ein reicher und daß es daher paradox sei, den reichen und angesehenen Besucher zu bevorzugen.
reich zu sein im Glauben und Erben des Königreiches
Ungeachtet ihrer materiellen Besitztümer sind sie aufgrund ihres Glaubens reich. Gott hat sie auserwählt, durch ihren Glauben reich zu sein. Der Glaube an sich ist ein wahrer Schatz, und nicht viele besitzen ihn (2. Thess. 3:2). Er führt auch zu anderen Reichtümern. Der Apostel Paulus, der viele Leiden auf sich nahm, um anderen dienen zu können, bezeichnete sich und seine Mitarbeiter „als Arme, die aber viele reich machen, als solche, die nichts haben und doch alles besitzen“ (2. Kor. 6:10; vergleiche 1. Korinther 4:8-13; Offenbarung 2:9). Die Personen, denen sie Zeugnis gaben, erlangten diesen geistigen Reichtum aufgrund ihres Glaubens. Sie sind nicht wie der reiche Mann, der sich an seinen Besitztümern ergötzte, aber nicht reich war Gott gegenüber, da es ihm an Glauben fehlte (Luk. 12:16-21). Wer keinen Glauben hat, ist in Gottes Augen arm. (Vergleiche Offenbarung 3:17, 18.) Welchen Reichtum bringt der Glaube denen, die Gott ‘auserwählt’? Sie erwerben nicht nur den Reichtum der Barmherzigkeit, der Güte, der Nachsicht und der Langmut Gottes und genießen nicht nur die Weisheit, die das „Wort des Christus“ den Glaubenden vermittelt, sondern haben auch die großartige Aussicht, Miterben des Sohnes Gottes zu sein. (Vergleiche Römer 2:4; Epheser 1:7, 18; Kolosser 3:16.)
Diejenigen, die auf diese Weise ‘reich im Glauben’ sind, sind daher Erben des Königreiches. Diese geistgezeugten Personen, die einen solchen Glauben ausüben, werden jetzt „in das Königreich des Sohnes seiner Liebe versetzt“ und haben die Hoffnung, schließlich durch eine Auferstehung von den Toten mit Christus an seiner himmlischen Herrschaft teilzuhaben (Kol. 1:13; 1. Petr. 1:3, 4). Jesus sagte zu seinen gläubigen Jüngern: „Glücklich seid ihr Armen, denn euer ist das Königreich Gottes“ (Luk. 6:20).
das er denen verheißen hat, die ihn lieben?
Sie lieben Gott nicht von sich aus, sondern erwidern Gottes Liebe, nachdem sie erfahren haben, wie sehr Gott die Menschheit liebt (1. Joh. 4:10). Sie lernen Gott immer besser kennen, werden seine Vertrauten und entwickeln — als eine Frucht des Geistes — immer mehr Liebe zu Gott (Gal. 5:22). Solche Personen werden das Königreich Gottes ererben.
6 Ihr aber habt den Armen entehrt. Bedrücken euch etwa nicht die Reichen, und schleppen nicht sie euch vor Gerichtshöfe?
6 Ihr aber habt den Armen entehrt
Dadurch, daß sie die Reichen bevorzugten, behandelten sie die Armen ohne gebührenden Respekt, verächtlich, und beleidigten sie diejenigen, die Gott erhöht (Jak. 1:9). Wie viele in der Versammlung kamen aus der Klasse der Begüterten? Wahrscheinlich nur wenige (1. Kor. 1:26-29). Wo wäre daher der größte Teil jener Versammlung, wenn Gott sie verachtet hätte, nur weil sie arme oder „gewöhnliche“ Menschen waren? (Vergleiche 1. Korinther 11:22.)
Bedrücken euch etwa nicht die Reichen, und schleppen nicht sie euch vor Gerichtshöfe?
Die Reichen verfolgten die Armen nicht nur aus religiösen Gründen, sondern bedrängten sie auch oft in Verbindung mit ihrem Lohn, ihren Schulden und ihrer Pacht und gingen in diesen Angelegenheiten gerichtlich gegen sie vor. (Vergleiche Jakobus 5:4.) Auch wurden die Verfolger oft von Reichen angeführt. Es waren die wohlhabenden Sadduzäer, die „Hand an“ Petrus und Johannes und später an alle Apostel „legten“ (Apg. 4:1-3; 5:17, 18). Es waren die „angesehenen Frauen“ und die „prominenten Männer der Stadt“ in Antiochia in Pisidien, die von den Juden gegen Paulus und Barnabas aufgehetzt wurden (Apg. 13:50). In Philippi sorgten die wohlhabenden Herren eines von Dämonen besessenen Mädchens dafür, daß Paulus und Silas ins Gefängnis geworfen wurden (Apg. 16:16, 19, 23, 24). Die Kunsthandwerker, die Silberschreine der Artemis herstellten, verursachten in Ephesus einen großen Aufruhr gegen die Lehre der „guten Botschaft“, weil sie um ihren Gewinn fürchteten (Apg. 19:23-28).
Gewiß handelten nicht alle Reichen so, aber Jakobus erwähnte Tatsachen, die einer allgemeinen Regel entsprachen. Natürlich waren auch nicht alle Armen gut. Sie waren es, die sich gewöhnlich von ihren Führern aufhetzen ließen. (Vergleiche Apostelgeschichte 17:5.) Einige waren arm, weil sie einfach faul waren oder keine Selbstdisziplin hatten (Spr. 6:9-11; 20:13; 23:21). Doch Christen handelten töricht, wenn sie Parteilichkeit bekundeten, indem sie ausgerechnet denen schmeichelten, die im allgemeinen, als Gruppe gesehen, ihre Gegner und Bedrücker waren.
7 Lästern nicht sie den vortrefflichen Namen, nach dem ihr genannt worden seid?
7 Lästern nicht sie den vortrefflichen Namen, nach dem ihr genannt worden seid?
Das Wort „Lästerung“ bedeutet „nachteiliges Reden“ und bezieht sich besonders auf respektlose Anspielungen auf Gott und heilige Dinge. Durch die Christenverfolgung lästerten die Gegner den Namen, nach dem die Christen genannt worden waren, nämlich den Namen Christi. Und selbst Personen, die sich nicht an offener Verfolgung beteiligten, sprachen Böses über Christus und die Träger seines Namens und lästerten dadurch auch Gott, der Christus gesandt hatte. (Vergleiche Johannes 13:20.)
8 Wenn ihr nun dem königlichen Gesetz nach dem Schriftwort beständig nachkommt: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“, tut ihr sehr wohl.
8 Wenn ihr nun dem königlichen Gesetz nach dem Schriftwort beständig nachkommt: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“, tut ihr sehr wohl
Dieses Gesetz wird als das „königliche Gesetz“ bezeichnet, weil es unter den Gesetzen, die die menschlichen Beziehungen regeln, den gleichen Rang einnimmt wie ein König unter den Menschen. An dem Gesetz, seinen Nächsten zu lieben wie sich selbst (natürlich auch an dem Gesetz, Gott zu lieben), „hängt das ganze ,Gesetz‘ und die ,Propheten‘ “ (Matth. 22:37-40). Und wie der Apostel Paulus schreibt, ist in dem Gebot der Nächstenliebe „das ganze ,Gesetz‘ . . . erfüllt“ (Gal. 5:14; Röm. 13:10; vergleiche 1. Johannes 4:20). Dieses königliche Gesetz war bereits im mosaischen Gesetz enthalten, und zwar in 3. Mose 19:18.
Jakobus schreibt seinen Lesern: ‘Wenn ihr diesem königlichen Gesetz beständig nachkommt, tut ihr sehr wohl.’ Das erinnert an einen ähnlichen Ausdruck (in Vers 19), den Jakobus in Verbindung mit gewissen Personen gebraucht, die glauben, daß es einen einzigen Gott gibt. Jakobus bringt in seinem ganzen Brief zum Ausdruck, daß er mit dem Denken seiner Brüder vertraut ist, und er legt oft den Standpunkt dar, den seine Leser in bezug auf das behandelte Thema haben oder haben mögen, und diese Einsicht verleiht seinem Brief ungewöhnliche Kraft. (Vergleiche Jakobus 1:13, 26; 2:14; 3:13; 4:13.) Wir wissen nicht, ob Jakobus erfahren hatte, daß einige Brüder ihre besondere Gastfreundschaft gegenüber den Reichen damit rechtfertigten, daß sie behaupteten, dies sei lediglich ein Zeichen von Nächstenliebe. In diesem Fall hätte ihnen der Brief des Jakobus vor Augen geführt, welch ein Irrtum es ist, zu denken, dadurch, daß man einigen (zum Beispiel dem Reichen) Liebe erweise, könne man sein Versäumnis rechtfertigen, anderen (wie dem Armen) die gleiche Liebe zu erweisen. Solchen Personen hätte Jakobus dann sinngemäß gesagt: „Nächstenliebe ist gut. Doch sollte man sie nur einer bestimmten Gruppe erweisen? Wie ist es mit den anderen? Behandelt ihr sie alle gleich?“ Der Gehorsam gegenüber einem Gebot (zum Beispiel gegenüber dem aus 3. Mose 19:18) rechtfertigt daher niemals Ungehorsam gegenüber einem anderen (wie dem aus 3. Mose 19:15). Diesen Gedanken betont Jakobus in den Versen 10 und 11.
Sollte jemand der Ansicht gewesen sein, die harten Worte des Jakobus über die Reichen stünden im Widerspruch zum Gebot der Nächstenliebe, dann wäre dies durch die Bemerkungen hier widerlegt worden. Natürlich sollten Christen auch gegenüber Reichen Nächstenliebe üben, und es war gut, sie mit Liebe zu behandeln. Doch dieses Gebot schloß auch die Armen ein, und Christen hätten dem königlichen Gesetz der Liebe nicht völlig gehorcht, wenn sie die Armen ausgeschlossen hätten. Als Jesus über das gleiche königliche Gesetz sprach, erklärte er, daß viele Personen es nur in begrenztem Maße, teilweise, anwandten, nicht in seinem vollen Umfang. Er sagte seinen Zuhörern, daß sie das Gesetz der Liebe unparteiisch anwenden müßten, wenn sie wie ihr himmlischer Vater vollkommen oder vollständig sein wollten (Matth. 5:43-48). In dem Ausmaß also, wie die Versammlung das königliche Gesetz anwandte, konnte von ihr lobend gesagt werden, sie tue „sehr wohl“. Es war gut, jedermann jederzeit Liebe und Güte zu erweisen. Doch die gleiche Höflichkeit und Liebe, die den Reichen erwiesen wurde, sollte auch den Armen erwiesen werden. Beide waren Nächste, und beide sollten gleich behandelt werden; keiner sollte schlecht behandelt werden.
9 Wenn ihr aber fortfahrt, Parteilichkeit zu bekunden, so begeht ihr Sünde, denn ihr werdet vom Gesetz als Übertreter überführt.
9 Wenn ihr aber fortfahrt, Parteilichkeit zu bekunden, so begeht ihr Sünde
Die Brüder mußten noch einen Schritt weiter gehen, um mit dem mosaischen Gesetz in Übereinstimmung zu sein, denn es verbot Ungerechtigkeit und Parteilichkeit gegenüber Reichen und Armen (3. Mose 19:15). Wenn also ein Christ einem Reichen Freundlichkeit und Aufmerksamkeit erweist, ‘tut er wohl’, vorausgesetzt, daß er die gleiche Freundlichkeit auch dem Armen erweist. Ist er aber parteiisch, so sündigt er. Gemäß dem königlichen Gesetz sollte er alle seine Mitmenschen lieben. Wenn er dieses Gesetz übertritt, indem er Parteilichkeit bekundet, ist er ein Sünder. Er „verfehlt das Ziel“ (was die Bedeutung des griechischen Ausdrucks für Sünde ist), in dieser Hinsicht wie sein himmlischer Vater zu sein.
denn ihr werdet vom Gesetz als Übertreter überführt
Da Gott selbst Unparteilichkeit im Erweisen von Liebe verlangt, wird jemand, der eine bestimmte Person bevorzugt behandelt, gleichzeitig aber behauptet, nach dem königlichen Gesetz zu leben, gründlich bloßgestellt werden. Er ist ein Übertreter des königlichen Gesetzes. Auch heute müssen Christen wahres Christentum praktizieren und sich angesichts der in der Welt bestehenden Klassenunterschiede, die auf sozialen, kulturellen, rassischen und religiösen Unterschieden beruhen, davor hüten, selbst parteiisch zu sein und Klassenunterschiede zu machen.
10 Denn wer auch immer das ganze ,Gesetz‘ hält, aber in einem einzigen Punkt einen Fehltritt tut, der hat sich gegen alle vergangen.
10 Denn wer auch immer das ganze ,Gesetz‘ hält, aber in einem einzigen Punkt einen Fehltritt tut
In Wirklichkeit konnte niemand alle Gebote des mosaischen Gesetzes halten, ohne einen Fehler zu machen, und genausowenig konnte jemand bis auf einen einzigen Punkt alle der etwa 600 Punkte des Gesetzes beachten (Jak. 3:2). Jakobus weist jedoch diejenigen zurecht, die behaupten, praktisch das ganze Gesetz zu halten und daher gerecht zu sein. Menschen neigen dazu, sich die Schriftstellen auszusuchen, nach denen sie handeln möchten, die Bedeutung anderer aber herabzusetzen.
der hat sich gegen alle vergangen
Das aus vielen Verordnungen bestehende Gesetz ist ein einheitliches Ganzes, und man kann nicht einfach einzelne Teile herausnehmen (Kol. 2:13, 14, 16; Gal. 5:14). Folglich verstößt jemand, der eines der Gebote des Gesetzes übertritt, gegen das ganze Gesetz und hat sich somit „gegen alle vergangen“. Man kann nicht behaupten, man sei Gott wirklich gehorsam und liebe ihn, und gleichzeitig irgendeinen Teil seines Gesetzes übertreten. Vor weltlichen Gerichten wird ein Fall verhandelt, wenn ein Verstoß gegen ein bestimmtes Gesetz vorliegt. Nehmen wir an, jemand hat Geld veruntreut. Vielleicht hat er immer alle anderen Gesetze gehalten; diese Gesetzesübertretung ist sein erstes Vergehen. Doch seine frühere Handlungsweise entschuldigt ihn vor Gericht nicht dafür, daß er das Gesetz hinsichtlich Veruntreuung übertreten hat. Er wird wegen dieses Vergehens als Übertreter des Gesetzes, als Gesetzesbrecher, behandelt, ganz gleich, wie rechtschaffen er in anderen Angelegenheiten gewesen sein mag (wenn auch sein Urteil vielleicht nicht so hart ausfallen wird wie im Fall eines gewohnheitsmäßigen Gesetzesbrechers). Der Richter sagt nicht: „Er hat tausend andere Gesetze gehalten und nur dieses eine gegen Diebstahl übertreten. Wir werden ihm deshalb diese Übertretung verzeihen.“
In Übereinstimmung mit diesen Tatsachen überführte das mosaische Gesetz alle als Sünder, da niemand dieses Gesetz vollkommen halten konnte. Der Apostel Paulus erklärte: „Das ,Gesetz‘ nun hält sich nicht an den Glauben, sondern ,wer sie tut, wird durch sie leben [durch den Gehorsam gegenüber jedem einzelnen Gebot]‘ “ (Gal. 3:12). Man steht daher nicht durch das versuchte Halten des Gesetzes vor Gott als gerecht da — statt dessen wird man tatsächlich als Übertreter verurteilt, weil man das Gesetz nicht wirklich hält. „Verflucht ist jeder, der nicht bei allen Dingen bleibt, die in der Buchrolle des ,Gesetzes‘ geschrieben sind, um sie zu tun“, heißt es in der Bibel (Gal. 3:10). Nur durch den Glauben an das sündensühnende Opfer Christi ist die Sündenvergebung möglich. Christus war der einzige, der das Gesetz in allen Einzelheiten vollkommen hielt. Er erfüllte das ganze Gesetz und wurde daher benutzt, es aufzuheben (Eph. 2:15). Niemand kann der Verurteilung entgehen, sofern er nicht Glauben an ihn ausübt. Paulus schreibt: „Wir wissen nun, daß alles, was das ,Gesetz‘ sagt, es an die richtet, die unter dem ,Gesetz‘ sind, so daß jeder Mund gestopft und die ganze Welt vor Gott straffällig werde. Daher wird durch Gesetzeswerke kein Fleisch vor ihm gerechtgesprochen werden, denn durch Gesetz kommt die genaue Erkenntnis der Sünde“ (Röm. 3:19, 20).
11 Denn der, der gesagt hat: „Du sollst nicht ehebrechen“, hat auch gesagt: „Du sollst nicht morden.“ Wenn du nun nicht die Ehe brichst, aber mordest, bist du ein Gesetzesübertreter geworden.
11 Denn der, der gesagt hat: „Du sollst nicht ehebrechen“, hat auch gesagt: „Du sollst nicht morden“
Das Gesetz, das die Nächstenliebe gebietet, ist wie die Zehn Gebote ein wesentlicher Bestandteil des mosaischen Gesetzes. Das trifft auch auf alle anderen Gebote zu. Jakobus hat sich jedoch offenbar diese beiden Gebote als Beispiel gewählt, da er an späterer Stelle erklären will, daß die Freundschaft mit der Welt „Ehebruch“ ist und daß eine feindselige, lieblose Einstellung gegenüber einem Bruder „Mord“ ist (Jak. 4:2, 4).
Wenn du nun nicht die Ehe brichst, aber mordest, bist du ein Gesetzesübertreter geworden
Der eine Gott, der alle unterschiedslos und unparteiisch behandelt, hat das ganze Gesetz gegeben, auch das Gebot der Nächstenliebe (5. Mose 6:4). Das Gesetz war eine Einheit. Wer daher e i n e Bestimmung des mosaischen Gesetzes übertrat, verging sich gegen ein und denselben Geber aller Gesetze. Wer gegen einen Teil des Gesetzes Gottes verstieß, verstieß gegen das gesamte Gesetz, die ganze Gesetzessammlung.
12 Redet weiterhin so, und handelt weiterhin so wie die, die durch das Gesetz eines freien Volkes gerichtet werden sollen.
12 Redet weiterhin so, und handelt weiterhin so wie die, die durch das Gesetz eines freien Volkes gerichtet werden sollen
Das mosaische Gesetz war nicht „das Gesetz eines freien Volkes“ oder, buchstäblich, ein Gesetz der Freiheit (Gal. 4:24-26). Diese Freiheit wird in einem Volk, dem geistigen Israel, verkörpert. Würden die Glieder dieses Volkes nach dem mosaischen Gesetz gerichtet, so würden sie als Gesetzesübertreter verurteilt werden; sie wären dann nicht unschuldig. Daher sollten sie in Anerkennung der Tatsache reden und handeln, daß sie nicht nach dem mosaischen Gesetz gerichtet werden, sondern nach einem anderen Gesetz, dem „Gesetz eines freien Volkes“ oder, buchstäblich, einem „Gesetz der Freiheit“ (Kingdom Interlinear Translation) — als ein Volk, das nicht der Sünde versklavt ist, der Sünde, die durch das mosaische Gesetz in Wirklichkeit noch betont wurde (Röm. 7:8, 10). Die „zwölf Stämme“ des geistigen Israel stehen nicht unter dem mosaischen Gesetz. Sie stehen unter dem „Gesetz“ des neuen Bundes (Jer. 31:31-33). Ihre Worte und ihre Werke werden von Gott gemäß dem neuen Bund beurteilt (1. Petr. 2:16).
Dieses „Gesetz eines freien Volkes“ befreit die geistigen Israeliten nicht von der Pflicht, Gott zu gehorchen, denn er schreibt sein Gesetz in ihr Herz. Aufgrund ihres lebendigen Glaubens an Christus sind sie zuversichtlich, daß sie so gerichtet werden, wie er es verheißen hat. Jehova Gott wird ihnen ihre guten Werke als Beweis für ihren Glauben anrechnen. Sein Sohn Jesus Christus ist der Mittler des neuen Bundes, und auf der Grundlage seines Sühnopfers ist der neue Bund geschlossen worden. Somit kann Gott folgende Worte dieses Bundes verwirklichen: „Ich werde ihre Vergehung vergeben, und ihrer Sünde werde ich nicht mehr gedenken“ (Jer. 31:34). Demzufolge verhalten sich die geistigen Israeliten unter dem „Gesetz der Freiheit“ nicht so, als würde Gott ständig nach ihren Fehlern suchen, sondern sie „wandeln“ mit ihm und wachen eifersüchtig über ihr Bundesverhältnis mit ihm (Ps. 130:3, 4; Micha 6:8).
13 Denn für den, der nicht Barmherzigkeit übt, wird das Gericht ohne Barmherzigkeit sein. Barmherzigkeit frohlockt triumphierend über das Gericht.
13 Denn für den, der nicht Barmherzigkeit übt, wird das Gericht ohne Barmherzigkeit sein
Jakobus spricht von einem Gericht und weist auf die Gefahr hin, in die jemand gerät, der Parteilichkeit bekundet (Röm. 2:6, 16; 14:12; Matth. 12:36). Wie konnten seine Leser Barmherzigkeit von Gott erwarten, wenn sie einem Mann nur deswegen ihre Barmherzigkeit vorenthielten, weil er ein „Armer . . . in unsauberer Kleidung“ war? (Jak. 2:2). Wie inkonsequent und im Widerspruch zu aller Vernunft, daß die Christen, denen Jakobus schrieb, selbst einfache Menschen in ihrer Mitte hatten und doch einen Armen diskriminierten! Wie würden sich „arme“ Glieder der Versammlung vorkommen, wenn sie in eine andere Christenversammlung zu Besuch kämen und so beleidigt würden? In Sprüche 21:13 lesen wir: „Wer irgend sein Ohr vor dem Klageschrei des Geringen verstopft, der wird auch selbst rufen und keine Antwort erhalten.“ Jesus sagte: „Mit dem Gericht, mit dem ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden“ (Matth. 7:1, 2). Diesen Gedanken veranschaulichte er sehr kraftvoll in Matthäus 18:23-35.
Barmherzigkeit frohlockt triumphierend über das Gericht
„Glücklich sind die Barmherzigen, da ihnen Barmherzigkeit erwiesen werden wird“, sagte Jesus (Matth. 5:7). Vor Gericht würde ein Mann, der anderen Barmherzigkeit erwiesen hat, wahrscheinlich nicht von der Strafe für das Vergehen verschont werden, dessen er für schuldig befunden wird, wenn auch die Strafe möglicherweise etwas herabgesetzt würde. Jakobus spricht hier jedoch nicht von Übertretungen unter dem mosaischen Gesetz oder unter einem weltlichen Gesetz. Er spricht von einem Urteil, das gemäß dem „Gesetz der Freiheit“ gefällt wird. Jemand, in dessen Herz und Sinn zufolge seines Glaubens an Christus durch Gottes Geist Barmherzigkeit hervorgebracht worden ist, wird sich bewogen fühlen, in all seinen Handlungen barmherzig zu sein. Folglich wird ihm Barmherzigkeit erwiesen werden, wenn er gerichtet wird. Daher braucht sich der Barmherzige nicht vor dem Gericht zu fürchten, sondern darf zuversichtlich auf Barmherzigkeit hoffen. Er wird nicht verurteilt werden. Auf diese Weise triumphiert er oder erringt er einen Sieg über die strenge Anwendung des Rechts oder über ein ungünstiges Urteil. Ein beachtenswertes Beispiel für barmherzige Anteilnahme und ihre Auswirkung auf das Gericht ist in dem Gleichnis von den Schafen und den Ziegenböcken zu finden, das in Matthäus 25:32-40 aufgezeichnet ist. Denken wir auch an die Barmherzigkeit, die Jehova David erwies, der sich in der Vergangenheit selbst barmherzig verhalten hatte! (2. Sam. 12:13, 14; 22:24-27; Ps. 18:23-26).